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Entstaatlichung des Geldes

(NZZ – ÖKONOMISCHE LITERATUR – Mittwoch, 4. Juni 2014, Nr. 127, Seite 31)

Mögliche Szenarien einer neuen monetären Ordnung

Georg Rich • Das von Philipp Bagus und Gerhard Schwarz herausgegebene Buch thematisiert die Problematik der staatlichen Geldschaffung. Wer aufgrund des Titels jedoch ein Plädoyer für deren Privatisierung erwartet, sieht sich getäuscht. Geboten wird vielmehr eine differenzierte Analyse. Der Begriff «Entstaatlichung » wird weit gefasst und bezeichnet drei Alternativmöglichkeiten zu einem System, das dem Staat als Monopolisten gestattet, Geld zu schaffen. Erstens: Der Staat oder eine Zentralbank gibt Geld aus, aber ist dabei an Regeln gebunden, die den Missbrauch des Monopols verhindern. Zweitens: Der Goldstandard wird wieder eingeführt, Private dürfen Geld schaffen, sind aber verpflichtet, dieses auf Wunsch in Edelmetall einzulösen. Und drittens: Das Monopol des Staates wird beseitigt und die Geldschaffung an Private übertragen, ohne dass eine Einlösepflicht besteht.

Friedman/Schwartz und Baltensperger befürworten in ihren Beiträgen die erste Variante und lehnen die beiden anderen ab. Auch Buchanan setzt sich für klare Regeln ein und will diese sogar in der Verfassung festschreiben. Während die Verfechter einer Regelbindung überzeugend argumentieren, lassen die Befürworter der übrigen zwei Varianten Fragen offen. O’Driscoll etwa fordert die Rückkehr zum Goldstandard und weist darauf hin, dass in Schottland ein System mit privater Geldschaffung und ohne Zentralbank bis 1845 gut funktionierte. Er zeigt indes nicht, wie sich eine solche Ordnung heute gestalten liesse. Auch wird nicht klar, ob mit dem Goldstandard die Stabilität der jetzigen Währungsordnung gefestigt werden könnte.

Philipp Bagus, Gerhard Schwarz (Hrsg.): Die Entstaatlichung des Geldes.
Progress Fondation, NZZ Libro, Zürich 2014, 182 Seiten, Fr. 33.60.

Hayek propagiert ebenfalls eine Abkehr von der staatlichen Geldschaffung, lässt aber offen, ob das Endresultat der Privatisierung in der Alternative zwei oder drei liegen würde. Er erwähnt zwar die Nachteile der Privatisierung, spielt aber ihre Bedeutung herunter. So würden die verschiedenen Geldarten unter Alternative drei ohne Einlösepflicht zu flexiblen Wechselkursen zirkulieren, was ihre Attraktivität minderte, da man nie wüsste, zu welchem Kurs das Geld von anderen akzeptiert würde. Vielleicht würden, sich wie Hayek erwartet, die besten Geldarten im Wettbewerb durchsetzen, aber die Methode für deren Auswahl würde von der Öffentlichkeit kaum goutiert. Auch Hülsmann attackiert in einer dürftigen Analyse die staatliche Geldschaffung, die für ihn keine Vorteile, sondern nur Nachteile hat. Die möglichen Nachteile einer Privatisierung erwähnt er nicht, sondern suggeriert, mit dem Rückzug des Staates aus der Geldschaffung liessen sich paradiesische Verhältnisse schaffen.

Das Buch enthält auch zwei Beiträge zum Euro. Bagus liefert eine schonungslose Analyse von dessen Konstruktionsmängeln, während Weede in einem etwas konfusen Aufsatz der staatlichen Geldschaffung viele Entwicklungen anlastet, die der Euro-Zone Schwierigkeiten bereiten, so etwa das ungebremste Wachstum des Wohlfahrtsstaates.


Georg Rich ist ehemaliger Chefökonom der Schweizerischen Nationalbank.

NZZ Mittwoch, 4. Juni 2014, Seite 31

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