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Technologie 5.0 – Politik 1.0

Christoph Frei49. Economic Conference

Zusammenfassung

Alle haben wir uns längst an die Globalisierung gewöhnt. Güter, Dienstleistungen, Kapital fliessen mehr oder weniger frei über Grenzen hinweg; in Teilen gilt dies auch für Arbeitskräfte oder Flüchtlinge. Neuere Entwicklungen unterspülen die alten Fundamente souveräner Staatlichkeit weiter: Öffentliche Gewalt ist nicht mehr identisch mit Staatsgewalt, Datenströme per se sind frei von territorialer Anbindung. Alte Fragen stellen sich von daher neu: Wie viel Autonomie verbleibt dem «souveränen» Staat, wie steht es um seine innere Verfassung und Funktionalität?

Zweifelsohne gehört der ‘demokratisch’ verfasste Flächenstaat zu den erfolgreichsten Organisationsformen der Moderne. Sein Ende ist nicht absehbar, Nationalismen stützen ihn in allen Formen und Facetten. Tatsache ist aber auch, dass gerade die Nation längst als gigantische Fiktion erwiesen ist. Im weltweit grassierenden Phänomen des «Walling» erkennt die Sozialwissenschaftlerin Wendy Brown nur noch Rückzugsgefechte: Quasi-souveräne Nationalstaaten mauern sich ein. Auch Mauern vermögen indes nicht, verlorene Autonomie und Funktionalität zurückzugewinnen – weder nach innen noch nach aussen. Transnationale Probleme werden seit Jahrzehnten verwaltet, nicht gelöst.

Dessen ungeachtet gefallen wir uns im Bewusstsein, im besten aller politischen Systeme zu leben. Alte, überkommene Strukturen werden kaum hinterfragt. Medizin, Gesundheit, Ausbildung, Produktion und Konsum: Alles mag von digitalen Revolutionen auf den Kopf gestellt werden – das politische System indessen scheint unter Denkmalschutz zu stehen. Was mit Atomwaffen begonnen hat, setzt sich mit Cyberwaffen fort: Nicht erst seit Hiroshima versuchen wir mit aller Macht, neue Technologien und ihre Potenziale nationalen Interessen verfügbar zu machen, statt die Formen und institutionellen Bedingungen unseres Zusammenlebens neuen Möglichkeiten anzupassen.

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