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Kriselnde Medien – gefährdete Demokratie

48. Economic Conference

Metropol, Zürich, 03.05.2019

Welche Rolle spielen die Medien, zumal die traditionellen Medien, für die demokratische Meinungsbildung? Diese Frage stand im Zentrum der 48. Economic Conference der Progress Foundation. Einleitend wies ihr Präsident, Gerhard Schwarz, darauf hin, dass der Journalismus unter einem dreifachen Druck stehe. Da sei zunächst der grosse ökonomische Druck. Alle stocherten im Nebel und versuchten, die Kosten herunterzufahren. Das führe zu Fusionen, vor allem zum Sparen an der Publizistik, zum Ausbluten der Redaktionen, zum Ausdünnen der Inhalte und zu einer abnehmenden Bereitschaft zu publizistischer Tiefe. Damit verbunden sei der technologische Druck. Informationen und Wissen seien weltweit zeitgleich verfügbar, Vieles, für das es früher Journalisten gebraucht habe, werde heute durch Algorithmen geleistet. Das Sammeln und Aufbereiten von Informationen sei einfacher geworden und verlange kaum noch Scharfsinn oder Spürsinn. Höchstens für die Einordnung der Fakten scheine sachliche und journalistische Kompetenz gefragt zu sein. Dazu komme schliesslich der inhaltliche Druck. Die aufklärerische Suche nach der Wahrheit werde erschwert, weil der Dauerbeschuss mit Fake News die Wahrheit verneble, Sprech- und Denkverbote der Political Correctness es verunmöglichten, Fakten zu benennen, und der moralisierende Mainstream die ideologische, aber zugleich der Suche nach Wahrheit dienende Debatte weggespült habe.

Die amerikanische Journalistin Ann Marie Lipinski, die die Nieman Foundation for Journalism an der Harvard-Universität leitet, betonte, dass die Zukunft der Demokratie an die Zukunft des Journalismus gebunden sei, und zeigte anhand von Zitaten verschiedener Präsidenten der USA, aber auch an Beispielen anderer Staats- und Regierungschefs das schwierige und fragile Verhältnis von Medien, Macht und Politik. Die deutsche Journalistin (und kurzzeitige Kommunalpolitikerin) Susanne Gaschke meinte, dass die Probleme der Medienbranche zu einem rechten Teil selbstverschuldet seien. Die Verlage hätten sich nicht genügend Gedanken zum Internet bzw. der Digitalisierung und deren Möglichkeiten und Risiken gemacht. Hart ging Gaschke mit den Journalisten ins Gericht. Sie seien teilweise besserwisserisch, wenig kritikfähig und oft zu wenig kompetent. Für geradezu verheerend für die politische Kultur hält Gaschke die Anonymität im Netz und in den Social Media. Sie führe zu einer Verrohung und dem Verlust jeglicher Verantwortung. (Eine gekürzte Fassung von Frau Gaschkes Referat ist am 19.5.19 in der NZZ erschienen. Lesen Sie den Artikel hier auf der NZZ-Website.)

Ann Marie Lipinski: The future of journalism is the future of democracy
Susanne Gaschke: Die Zukunft des Journalismus und die Zukunft der Demokratie

IN DEN MEDIEN

Es fehlt am Mut zur Selbstkritik
Susanne Gaschke, NZZ, 18.05.2019

AUFGEGRIFFEN

Ann Marie Lipinski über die Medienwelt und die Demokratie (Mai 2019)
Medien und Journalismus in der Krise (Mai 2019)